Lesung: »Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen«

03. November 2022 — 18.30 Uhr

»Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen«
Die Rache der Juden, das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 und das Märchen deutsch-jüdischer Versöhnung
Lesung und Diskussion mit Achim Doerfer

Jüdische Rache und jüdischer Widerstand – ein verdrängtes Kapitel deutscher Erinnerungskultur.

Als Nachkomme von Holocaust-Überlebenden macht sich Achim Doerfer auf die Suche nach einem Gefühl, das nach dem Ende des Nationalsozialismus und dessen gigantischen Verbrechen nicht nur in seiner Familie seltsam blass blieb: der Wunsch nach Vergeltung, nach Rache.

Nicht ohne Grund war der Jubel bei der Tel-Aviv-Premiere von Quentin Tarantinos Film »Inglourious Basterds« groß: endlich eine künstlerische Fantasie, die Jüdinnen und Juden als machtvoll darstellte. Aber es gab Widerstand und Racheakte auch in der Realität: in den Gettos Osteuropas, bei den jüdischen Partisanengruppen, bei der jüdischen Brigade der britischen Armee.

Auch wenn es angesichts des gigantischen Massenmords der Nazis viel mehr hätten sein müssen: Achim Doerfer geht diesen Widerstands- und Rachegeschichten nach, um einer Erinnerungs- und Gedenkkultur, die den Opferstatus von Jüdinnen und Juden in unser aller Köpfe zementiert, etwas entgegenzusetzen. Zumal das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 nicht minder gigantisch war: Akribisch listet Doerfer auf, wie die Täter systematisch geschont wurden, Millionen von Opfern keinerlei Gerechtigkeit zuteilwurde – und damit letztlich auch keine gesellschaftliche Perspektive im Nachkriegsdeutschland, weder in der BRD noch in der DDR. Dass mit der massenhaften Wiedereingliederung der Täter auch die von der Mehrheitsgesellschaft viel beschworene und bejubelte Versöhnung zwischen Deutschen und Juden bis heute ein unwürdiges Gedenktheater blieb, ist die bittere Erkenntnis dieses brillanten, wütenden und nachdenklich stimmenden Buches.

Achim Doerfer, 1965 in Göttingen geboren, hat Jura und Philosophie studiert und arbeitet als Anwalt. Seine Großmutter und Mutter gehören zu den wenigen, die den Holocaust in Deutschland überlebten und nach 1945 in Deutschland blieben. Er ist Mitglied des Vorstands der Jüdischen Gemeinde Göttingen und engagiert sich seit Jahrzehnten im interreligiösen Dialog. Am 3. November 2022 wird er sein Buch »Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen« in der Jüdischen Gemeinde Dortmund vorstellen.

Veranstaltungsort:
Jüdische Gemeinde Dortmund
Prinz-Friedrich-Karl-Straße 9, 44135 Dortmund
Wolfgang-Polak-Saal

Der Eintritt ist frei. Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich.
Per Mail unter kontakt@adira-nrw.de oder telefonisch unter 0231 – 55 74 72 51

Veranstaltungsflyer

Die Veranstaltungen werden durch die Partnerschaft für Demokratie Dortmund im Rahmen des Bundesprogramms Demokratie Leben! gefördert.