Rückblick: Fünf Jahre ADIRA

Am 5. November 2025 feierte die Beratungsstelle ADIRA ihr fünfjähriges Bestehen – ein Jubiläum, das im Wolfgang-Polak-Saal der Jüdischen Gemeinde Dortmund ebenso nachdenklich wie zuversichtlich begangen wurde.

Gegründet im Oktober 2020 unter dem Dach der Jüdischen Gemeinde Dortmund, war ADIRA eine Antwort auf die wachsende Zahl antisemitischer Vorfälle in der Stadt und der Region. Seither begleitet die Beratungsstelle Betroffene von Antisemitismus und Diskriminierung, bietet Aufklärung und Bildungsarbeit und engagiert sich mit Nachdruck gegen Antisemitismus. Gefördert wird ADIRA durch das Landesprogramm „Integrationsagenturen und Servicestellen für Antidiskriminierungsarbeit“ des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen. Mittlerweile existiereren über 40 Antidiskriminierungsberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen, von denen sich zwei in Trägerschaft einer Jüdischen Gemeinde befinden und explizit zu antisemitischer Diskriminierung arbeiten – neben ADIRA ist dies die Beratungsstelle SABRA in Düsseldorf, welche bereits 2017 eingerichtet wurde.

Die Jubiläumsveranstaltung bot Gelegenheit, auf fünf ereignisreiche Jahre zurückzublicken – auf Erfolge, Herausforderungen und den anhaltenden gesellschaftlichen Auftrag. Zahlreiche Gäste aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft waren gekommen, um das Engagement der Beratungsstelle zu würdigen. Durch den Abend führte Vivianne Dörne vom Projekt Quartiersdemokraten, einem langjährigen Kooperationspartner von ADIRA. Nach der Begrüßung durch Maria Jäger von ADIRA eröffnete Leonid Chraga, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Dortmund, in einem Grußwort den offiziellen Teil mit klaren Worten: „Wir werden auch zehn Jahre ADIRA feiern – denn leider wird der Kampf gegen Antisemitismus weiter notwendig bleiben.“ Chraga hatte sich seinerzeit für die Einrichtung der Beratungsstelle stark gemacht.

Auch Friedhelm Evermann, Sonderbeauftragter des Oberbürgermeisters für Vielfalt, Toleranz und Demokratie, bekräftigte in seinem, Grußwort die Unterstützung der Stadt Dortmund: Die Stadt bleibe „ein verlässlicher Partner im Engagement gegen Antisemitismus“. Aslı Sevindim, Leiterin der Abteilung für Integration im Landesministerium, sprach in ihrem Grußwort über die Förderung von ADIRA und brachte das Engagement auf den Punkt: „Es ist manchmal mühevoll – aber wir wissen: Wir machen weiter.“

Musikalisch wurde der Abend von der Kosher Swing Band begleitet, der sich Kantor Abraham Goldberg mit einem Lied anschloss. Danach blickten Micha Neumann und Johanna Lauke vom ADIRA-Team auf fünf Jahre intensiver Beratungs-, Bildungs- und Netzwerkarbeit zurück: auf zahlreiche Aktionen, Veranstaltungen und persönliche Geschichten von Menschen, die Unterstützung fanden.

Deutlich wurde zugleich, dass die Arbeit schwieriger geworden ist. Nach dem 7. Oktober 2023, so das Team, habe sich die Zahl antisemitischer Vorfälle und Beratungsanfragen verdoppelt – ebenso die Nachfrage nach Bildungsangeboten von Schulen, Universitäten und Behörden. Zugleich wächst ADIRA: Dank neuer Fördermittel konnte das Team erweitert und die Arbeit stetig professionalisiert werden. Hieraus entstanden ist das Projekt BEQUAS, welche sich mit Angeboten zu antisemitismuskritischer Strukturentwicklung an kommunale Einrichtungen richtet.

Im anschließenden Podiumsgespräch unter dem Titel „Wo stehen wir in Dortmund heute im Kampf gegen Antisemitismus?“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Kommune, Zivilgesellschaft und jüdischen Organisationen über den Status quo.

Julian Becker von der Stadt Dortmund erinnerte daran, dass Antisemitismus zwar Teil vieler jüdischer Alltagserfahrungen sei, jüdisches Leben aber „so viel mehr ausmache – lebendig, vielfältig und selbstbewusst“. Zudem erklärte er, welche Bemühungen die Stadtverwaltung im Kampf gegen Antisemitismus schon seit vielen Jahren unternimmt. Sascha Sperling vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Westfalen-Lippe zog zunächst eine ernüchternde Bilanz: „Seit über zehn Jahren müssen Jüdinnen und Juden den Kampf gegen Antisemitismus zunehmend selbst führen – obwohl wir eigentlich lieber über die Schönheit jüdischen Lebens sprechen würden.“ Gleichzeitig zeigte er sich optimistisch: Das aktive Gemeindeleben sei ein starkes Zeichen – und seine Botschaft zum Schluss: „Die Antisemiten werden verlieren.“

Micha Neumann, Leiter der Beratungsstelle ADIRA und Koordinator des „Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund“, verwies auf die wachsende Vernetzung von Kommune und Zivilgesellschaft im Kampf gegen Antisemitismus in Dortmund, mahnte aber auch strukturelle Lücken an: Ein flächendeckendes Bildungsangebot zum Thema Antisemitismus für Jugendliche fehle weiterhin, obwohl der Bedarf unübersehbar sei. Ruth Nientiedt, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dortmund, sprach über die Chancen und Grenzen des interreligiösen Dialogs – und darüber, wie schwer es manchen Kirchengemeinden noch falle, über das christliche Erbe des Antisemitismus zu sprechen.

Bei Musik, Gesprächen und kleinen Speisen klang der Abend in einer offenen, lebendigen Atmosphäre aus. Das Jubiläum zeigte eindrucksvoll, was ADIRA in fünf Jahren erreicht hat – und wie dringend diese Arbeit gebraucht wird. ADIRA bleibt auch künftig Anlaufstelle und Stimme für Betroffene von Antisemitismus in Dortmund und in der Region Westfalen-Lippe. Wir bedanken uns herzlich bei allen Gästen des Abends sowie bei Wegbegleiter*innen und Unterstützer*innen in den letzten fünf Jahren.