Für Samstag, den 28. Oktober, hat die „Palästinensische Allianz NRW“ eine Demonstration in Dortmund angekündigt. Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus warnt in einer Stellungnahme, dass es zu antisemitischen Vorfällen kommen kann und fordert ein konsequentes Handeln aller Akteure
Bereits der Titel der geplanten Veranstaltung „Stoppt den Genozid in Gaza“ lässt befürchten, dass es am kommenden Samstag zu einseitigen und diffamierenden Aussagen zur Situation in Israel und Gaza kommen wird. Die Unterstellung der Organisator*innen, Israel beabsichtige die systematische Vernichtung der Palästinenser in Gaza, ist faktisch falsch und dämonisiert Israel. Die Verwendung des Begriffs ‚Genozid‘ ist für das Netzwerk in diesem Zusammenhang antisemitisch und keine angemessene Beschreibung der Situation. Im Gegensatz zum Terror der Hamas, der im Wesentlichen unterschiedslos auf die Ermordung von Jüdinnen und Juden abzielt, richten sich die militärischen Aktionen Israels gegen die Kämpfer und Strukturen der Hamas. Diese benutzt die Menschen und Infrastruktur in Gaza als Schutzschild und ist damit für die prekäre Situation der Zivilbevölkerung verantwortlich.
So muss nach wie vor festgehalten werden, dass die aktuellen militärischen Handlungen Israels eine Reaktion auf die größte antisemitische Gewalttat seit 1945 sind und keine anlasslose Intervention. Zu den antisemitischen Morden der Hamas scheinen die Veranstalter der Demonstration aber kein Wort zu verlieren und betreiben eine Schuldumkehr, in der Israel als der Aggressor dargestellt wird.
In Werbeankündigungen für die Versammlung wird zudem die Comic-Figur „Handala“ genutzt, welche als Symbol für die Forderung des Rückkehrrechts palästinensischer Flüchtlinge steht und zudem das Maskottchen der israelfeindlichen BDS-Kampagne („Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen“) ist, die seit 2005 zum Boykott Israels aufruft und in deren Rahmen es immer wieder auch zu offen antisemitischen Aktivitäten kommt.
Der Organisator der Demonstration spricht in Medienberichten davon, dass man keine antisemitischen Parolen dulde und das Existenzrecht Israels nicht in Abrede stelle. Diese Beteuerungen sind zwar wichtig, können aber die Befürchtungen des Netzwerks nicht ausräumen. Grund dafür sind neben dem Titel und der Bezugnahme auf die BDS-Kampagne auch ähnlich gelagerte Veranstaltungen, die in den letzten Wochen in NRW stattgefunden haben. Auf diesen wurden häufig Parolen gerufen und Schilder gezeigt, die als antisemitisch einzustufen sind. Dies ist für das Netzwerk beispielsweise dann der Fall, wenn Israel mit dem Nationalsozialismus verglichen wird, die Beseitigung des Staates gefordert wird, sich auf antisemitische Mythen – auch codiert – bezogen wird oder der Terror der Hamas verharmlost oder glorifiziert wird.
Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus warnt daher davor, dass die Versammlung zu einer Präsentationsfläche für antisemitische Äußerungen werden kann und appelliert an die Veranstalter*innen, sich gut zu überlegen, ob eine Demonstration unter diesen Vorzeichen als sinnvoll erscheint, um das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung zu thematisieren.
Des Weiteren fordert das Netzwerk, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um antisemitische Äußerungen zu verhindern. Sinnvoll wäre es aus unserer Sicht, dass die Versammlungsbehörde durch entsprechende Auflagen einschlägige Parolen untersagt – auch wenn diese auf Arabisch skandiert oder gezeigt werden, hilfreich wären hier arabischsprachige Einsatzkräfte. Ebenso muss der Schutz von Betroffenen sichergestellt werden, denn eine solche Demonstration kann sich auf das Sicherheitsempfinden von Jüdinnen und Juden auswirken.
Das Netzwerk registriert derzeit eine Zunahme von antisemitischen Vorfällen. „Als Stadtgesellschaft müssen wir uns entschlossen gegen jede Form von Antisemitismus stellen, der sich auch gegenwärtig Bahn bricht. Daher ist es wichtig, entsprechende Demonstrationen im Blick zu behalten, aber auch im Alltag, auf der Arbeit und in der Öffentlichkeit Antisemitismus zu widersprechen – auch wenn er sich auf Israel bezieht“, so die eindringliche Mahnung des Netzwerks.
Das Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus ist ein Zusammenschluss von zivilgesellschaftlichen Organisationen und städtischen Institutionen, der sich 2018 gegründet hat. Ziel des Netzwerks ist es seither, gegen Antisemitismus in Dortmund vorzugehen und durch Prävention und Intervention wirksam zu bekämpfen.